Beitrag vom 06.11.2025
Glückwunsch, Sie wurden gerade zum Commander of the Order of the British Empire gekürt. Passt so eine ehrwürdige Auszeichnung überhaupt zu einem Designer wie Ihnen, der mal Rockstar werden wollte und dessen Entwürfe weithin als visionär gelten?
Das ist in der Tat eine sehr altmodische Ehre – aber egal, denn je etablierter man wird, umso einfacher ist es, zu rebellieren! Ein bisschen Rebellion schadet nie.
Sie entwerfen seit den 80er-Jahren vorallem Möbel und Leuchten. Wie bleibt man über vier Jahrzehnte hinweg relevant in der Designwelt – zeitlos und modern zugleich?
Zum Glück brauchen Innovationen im Interieur länger als in anderen kreativen Branchen, nur die Architektur ist noch langsamer. Ich mag das, denn ich möchte nicht jedem Trend nacheifern. Zudem versuche ich, meinen Blick zu weiten.
Ich beschäftige mich mit Materialien, Technologie, Herstellung, menschlichem Verhalten, Kunst und Räumen – aber nicht mit dem Design selbst. Designer sollen die Welt beobachten, nicht in einer Blase leben. Und wenn es ans Kreieren geht, dann setze ich auf die Chaos-Theorie: Ich veranstalte erstmal ein grosses Durcheinander, wirbele mächtig Staub auf und schaue mir dann an, ob ich Muster erkenne, die sich herauskristallisieren. Das ist die Kunst. Der Spass. Meine Leidenschaft.
Die erfordert offenbar Geduld! Gerade haben Sie den Outdoor-Metallstuhl „Groove“ auf den Markt gebracht, für dessen Entwicklung Sie zehn Jahre gebraucht haben. Was war denn da los?
Ja, das war eine Odyssee, bei der ich viel erlebt und gelernt habe. Ich wollte immer schon einen Metallstuhl für draussen machen und dachte zunächst, dass ich ihn auf Anfrage mit Hightech-Maschinen herstellen lassen könnte. Wir haben 300 Stück gefertigt, aber der Stuhl war zu kantig und unbequem. Wenn man keinen Volltreffer landet wie in diesem Fall, dann versucht man es eben weiter, lernt dabei viel über die Fähigkeiten und Festigkeiten von Metall. Und am Ende der Reise steht ein gemütlicher Stuhl. Wir werden sehen, ob sich der Einsatz auch gelohnt hat.
Braucht die Welt überhaupt noch neue Dinge in Zeiten von Überproduktion?
Klar, die Herstellung oder der Konsum neuer Dinge ist derzeit schwer zu rechtfertigen – Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft sind heute viel dringlichere Themen als früher. Man kann aber durchaus sicherstellen, dass die Auswirkungen eines Produkts auf die Umwelt so gering wie möglich ausfallen, dass es hochwertig gemacht und langlebig in Stil und Verarbeitung ist. Dann hat es auch eine Berechtigung. Ich glaube an Nachhaltigkeit durch Qualität. Wenn ich in einem Antikshop ein Objekt sehe, das ich vor 15 Jahren entworfen habe, dann beweist das ja auch dessen Relevanz.
Sie haben einmal gesagt, dass Design dazu da ist, das Leben einfacher zu machen und freundlich zu sein: zu den Menschen, mit denen man arbeitet, zu den Kunden und zum Planeten. Aber die Welt wird immer komplexer und damit auch die Herausforderungen für Sie als Designer. Werden Sie manchmal Ihres Jobs müde?
Nein es ist unmöglich, sich als Designer zu langweilen. Deshalb macht mir der Beruf so viel Spass. Das Schöne am Design ist, dass man immer wieder vor neuen Herausforderungen steht, weil die Welt nie stillsteht. Design ist eine Möglichkeit, das Leben zu verbessern. Die richtige Beleuchtung kann jeden Raum optimieren, neue Technologien wie LED vereinfachen das Leben, sind günstiger und nachhaltiger. Ausserdem gibt es noch so vieles, was ich gerne entwerfen würde: Elektronik, Spielzeug, Häuser, ganze Städte.
Vom Sextoy bis zum Auto haben Sie ja auch schon so einiges gestaltet. Zu Ihren ikonischen Produkten zählen aber vor allem Leuchten. Eine davon, das Modell „Beat“, wurde häufig kopiert. Sind solche Billigversionen auch ein Beweis für die Relevanz der eigenen Kreation?
In dem Fall haben wir unseren Nachahmern die eigentliche Relevanz zu verdanken. Wir haben uns von ihnen inspirieren lassen, indem wir eine günstigere Version unseres eigenen Produkts herstellten, eine qualitativ hochwertigere Kopie der Kopie. So entstand aus der handgehämmerten „Beat“-Leuchte aus Messing das Modell „Unbeaten“ aus rohem Aluminium, eine Hommage an unsere Kopisten mit neuer Ästhetik und Funktionalität. Dieses Original ist unschlagbar.
Wie sind Sie überhaupt selbst eingerichtet?
Ein bisschen langweilig, eklektisch – mit so wenigen meiner eigenen Stücke wie möglich. Ich brauche nicht viel, habe sogar acht Jahre lang in meinem Atelier gewohnt, das hat mir gereicht. Mein Lieblingsmöbelstück ist der Schreibtisch meiner Urgrossmutter, weil er die perfekte Grösse für einen Laptop hat und viele versteckte Schubladen. Sie hat ihn selbst in einem Antiquitätenshop gekauft. Er stammt aus dem Paris der 1780er-Jahre, ist also locker acht Generationen alt.
Beitrag vom 06.11.2025