Beitrag vom 08.11.2021
Eine Bleistiftskizze. Zwei grosse Designer, die zusammengearbeitet, sich aber nie getroffen haben. Ein 50 Jahre alter Bestseller, der jetzt in einer Neuauflage mit den Farben, die sie liebten, präsentiert wird. Die Geschichte von Parentesi ist eine ganz besondere. Eine Geschichte, die auf Einfallsreichtum, jede Menge Respekt und etwas Magie beruht und die wir Ihnen im Blog näherbringen möchten.
Gutes Design schafft Verbindungen zwischen Menschen, Objekten und Technologien. Wenn es dann auch noch eigentlich unmögliche Verbindungen hervorbringt, entsteht eine gewisse Magie. Ein Wort, das einem sofort in den Sinn kommt, wenn man an die Geschichte von Parentesi denkt. Dem Lampenklassiker von Pio Manzù und Achille Castiglioni, der seit 1971 von Flos hergestellt und nun – zum 50. Jubiläum – in den zwei neuen Farben Türkis und Signalorange herausgebracht wird.
Parentesi basiert auf einem kreativen Erfindungsreichtum, der durch die Leidenschaft für Gegenstände des Alltags angetrieben wird, sowie einer aussergewöhnlichen Zusammenarbeit, die eigentlich gar keine war.
Die Geschichte von Parentesi beginnt mit dem frühen Tod des jungen Designers Pio Manzù im Jahr 1969. Er war ein einzigartiges Talent, der Erfinder des ersten Mehrzweckfahrzeugs und Schöpfer unsterblicher Verkehrsikonen wie dem FIAT 127. Castiglioni kannte seine Arbeit, aber die beiden sind sich nie begegnet.
Dank der Witwe von Manzù erhielt Castiglioni seine Zeichnungen und eine davon erregte seine Aufmerksamkeit. Es handelte sich um eine geschlitzte, zylindrische Dose mit Lichtausstrahlung, die auf einer Stange ruhte, die Decke und Boden miteinander verband: Dank einer Schraube konnte sie eine halbe Umdrehung machen, sich auf und ab bewegen und anhalten. Das war die ursprüngliche Idee von Parentesi.
Die Zeichnungen von Manzù zeigten das Potenzial zur Bewegung, das Castiglioni freisetzen wollte. Dazu arbeitete er eng mit den Techniker:innen von Flos zusammen. Er ersetzte die Stange durch einen Metalldraht, der, von einem Rohr umgelenkt, Reibung erzeugt: So bleibt die Lampe in Position, ohne dass eine Schraube erforderlich ist. Die Leine bleibt zwischen einem Bootsspanner und einem 5 kg schweren Gewicht gespannt.
Parentesi ist leicht, erschwinglich und dynamisch. Flexibel und zeitgemäss, aber auch zeitlos, weil die Leuchte die Vorstellungskraft anregt: Die Lichtquelle ist eine einfache Glühbirne, die sich um 360 Grad dreht und damit so grosse Aufmerksamkeit auf sich zieht. Vor allem aber ist Parentesi ein Werkzeug zur Mitgestaltung. „Die Idee war: Du kaufst sie, du montierst sie", erklärt Giovanna.
„Parentesi wird in einer 'nackten' Verpackung geliefert, zwei Kunststoffschalen, die in einer einzigen Form hergestellt werden. 1965 benutzte mein Vater die gleiche Formtechnik, um eine Werbeverpackung für FIAT herzustellen", sagt Giacomo. Die Transparenz der Verpackung, die den einzelnen Elementen Würde verleiht, verweist auf die Art und Weise, wie Manzù die mechanischen Teile der Autos auf den Messen ausstellte: an der Wand, wie Kunstwerke.
Castiglioni entschied sich, die Urheberschaft von Parentesi mit seinem verstorbenen Kollegen zu teilen, um den Wert seiner Intuition ebenso zu würdigen wie die gestalterischen und technischen Fähigkeiten, die sie in ein fertiges Produkt verwandelten. Eine noble Geste, die Respekt für Ideen in einer Welt lehrt, in der es daran oft mangelt", sagt Giacomo Manzù.
Der Respekt spiegelt sich auch in der Wahl der Designkuratoren von Flos, dem Architekten-Duo Calvi Brambilla, wider, die Fantasie der beiden Schöpfer von Parentesi für die Sonderausgabe zum 50-jährigen Jubiläum zu nutzen. Die beiden wählten Türkis und Signalorange nach einem philologischen Ansatz.
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„Die erste Farbe war Castiglioni lieb und teuer, da er sie für die Inneneinrichtung seines Hauses verwendet hatte. Die zweite war die Farbe, die Manzù für seine Prototypen verwendete", erklären die Architekten. „Wir haben sie nicht nur auf die Tube, sondern auch auf den Sockel aufgetragen, so wie er im ursprünglichen Entwurf gefärbt war. Sogar die Verpackung aus den 1970er Jahren wurde überarbeitet und wieder eingeführt, zusammen mit dem runden Büchlein, das unter dem Sockel der Lampe liegt.“
Damit ist die Neuinterpretation der Parentesi nicht nur eine nostalgische Aktion, sondern auch ein weiterer Teil des Dialogs zwischen den Design-Maestros: ein Gespräch, das seit 50 Jahren andauert.
Beitrag vom 08.11.2021